Wenige Tage vor seinem 85. Geburtstag ist am Dienstag Dr. Manfred Ragati in Herford gestorben. Er war der Mann, der den kalifornischen Architekten Frank Owen Gehry in den 90er Jahren nach Ostwestfalen geholt hatte, wo heute in Bad Oeynhausen und Herford drei Gehry-Bauwerke stehen.
Der gebürtige Franke, Jurist und Sozialdemokrat Ragati war bis 1985 Oberkreisdirektor in Herford. Anschließend übernahm er die Geschäftsführung des Elektrizitätswerks Minden-Ravensberg (EMR), das 2003 in der Eon Westfalen-Weser AG aufging. Ragati war als ehrenamtlicher AWO-Bundesvorsitzender nicht nur ein sozial engagierter Mensch, sondern auch ein musischer, ein kunstinteressierter. Jemand, der ein Auge für Architektur hatte. Als das EMR in den 90er Jahren eine neue Netzleitstelle brauchte, wollte Ragati etwas Besonderes. EMR-Architekt Hartwig Rullkötter empfahl ihm Frank Gehry, der gerade in Weil am Rhein das Vitra Design-Museum fertiggestellt hatte. Über das Museum nahm Ragati Kontakt mit Gehry auf, und zum Schluss skizzierte der mit wenigen geschwungenen Federstrichen das „Energie-Forum Innovation“ (EFI), das heute in Bad Oeynhausen am Werre-Park steht. Zur finalen Besprechung des Projekts war Ragati damals in die USA geflogen. Beim Abendessen offenbarte Gehry dem Herforder, dass er seinen Entwurf verworfen und eine neue Idee habe. „Ich war fassungslos“, erinnerte sich Ragati später. Aber dann wurde doch noch alles gut – uns es war Rullkötters Aufgabe, die wilden, abstrakten Skizzen zu interpretieren und in Baupläne zu übersetzen. Die Zusammenarbeit war so fruchtbar, dass Hartwig Rullkötter später noch drei Projekte mit dem US-Architekten verwirklichte, darunter den Gehry-Tower in Hannover.
Zwischen Ragati und dem neun Jahre älteren Gehry entwickelte sich eine Freundschaft, und als Ende der 90er Jahre mit Hilfe von Spenden ein Elternhaus in der Nähe der Kinderherzklinik in Bad Oeynhausen gebaut werden sollte, war Ragatis Rolle entscheidend. Es fehlte nämlich an einem Grundstück, aber ganz in der Nähe der Herzklinik war der Kurpark mit seinen großen, freien Flächen. Einem 0815-Bau hätte hier niemand zugestimmt, aber als Manfred Ragati Frank Gehry ins Boot holte, war die Sache klar – und der Pachtvertrag wurde geschlossen.
2001 eröffnete das Elternhaus, und wenig später wurde – wieder unter der Mitwirkung des Herforders – das dritte und prominenteste Projekt in Ostwestfalen eingefädelt: das Marta in Herford, das doppelt soviel kostete wie veranschlagt und 2005 eröffnet wurde. Begleitet wurde das Marta bereits vor seiner Fertigstellung vom Verein der Freunde und Förderer, dessen Ehrenvorsitzender Manfred Ragati zuletzt war.
Für seine Verdienste vor allem bei der Arbeiterwohlfahrt wurde der Wahl-Herforder schon 1999 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Manfred Ragati hinterlässt seine Frau, zwei Töchter und Enkelkinder.